Grundbedürfnis Nr. 3 deines Hundes ist Selbstwirksamkeit.

Wenn das eigene Verhalten zum Erfolg führt, kann sich Selbstwirksamkeit in dir und auch deinem Hund ausbreiten.

Im Hundetraining ist zunächst wichtig, dass du dich selbstwirksam fühlst. Dann kannst du deinem Hund bewusst und gezielt Selbstwirksamkeit vermitteln.

Je erfolgreicher dein Verhalten ist, desto souveräner kannst du deinem Hund gegenüber sein. Mit Souveränität meine ich entspannt, gelassen und sehr bei dir. Wenn du ganz in deiner Mitte bist, können dich Vorschläge deines Hundes nicht aus deinem Konzept bringen.

Und unsere Hunde habe immer wieder eigene Vorschläge – was ich sehr schätze und richtig gut finde.

Inhaltsverzeichnis

1. Das eigene Verhalten hat Erfolg.

Dein Hund fühlt sich super, wenn sein Verhalten Erfolg hat.

Nehmen wir an, er soll einen Gegenstand suchen. Er rennt los, findet ihn und bringt ihn zu dir zurück. Dafür wird er belohnt.

Die Belohnung kann ein tolles Leckerchen sein oder ein super Spiel. Dabei fühlt er sich einfach nur gut. Er weiß, er hat es richtig gemacht und er bekommt mit, dass du dich freust.

Allerdings nur dann, wenn du dich auch wirklich freust. Wenn du nicht so ganz bei der Sache bist und „nur“ zur Kenntnis nimmst, dass er die Übung richtig erledigt hat, fehlt ein Teil seines Erfolgs. Er fühlt sich noch immer gut, wenn er eine Belohnung bekommt – das wie er die Belohnung bekommt spielt für ihn aber auch eine Rolle.

Also freu dich mit ihm und erhöhe damit seine Selbstwirksamkeit noch ein klein wenig mehr.

Ein anderes Beispiel:
Dein Hund bellt jemanden an, der am Zaun vorbei läuft. Die Person erschrickt und läuft noch etwas schneller. Jetzt könnte dein Hund der Meinung sein, dass er mit Erfolg diese Person vertrieben hat. Zumindest dann, wenn das sein Absicht war.

Du kommst raus, als er gerade bellt. Teilst ihm mit, dass er das sofort lassen soll und er hört auf.

Bei der nächsten Person, die am Zaun vorbei geht, bellt er wieder.

Was passiert hier?

Nehmen wir an, dein Hund hat die Absicht, die Person zu vertreiben. Das hat schonmal geklappt, denn die Person hat sich durch das Bellen noch schneller entfernt. Treffer

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Hund läuft von Mensch weg

Du kommst raus und sprichst ihn an, während er bellt. Hier könnte er verstehen, dass er aufhören soll. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass in ihm das Gefühl entsteht, dass du in bestätigst in seinem Tun. Da die Person weg ist, ist seine Mission erledigt und er wird wieder ruhig.

Bellt er bei der nächsten Person wieder, ist die zweite Variante wahrscheinlicher. Du erhöhst hier unbewusst seine Selbstwirksamkeit.

2. Selbstwirksamkeit versus Dominanz.

Hier versuche ich mich an einem gewagten Vergleich – Vorsicht Triggergefahr.

Was ist Dominanz?

Demonstrieren der eigenen Überlegenheit. Mit Dominanz ist die Vorherrschaft über andere gemeint: Die zeigt sich, wenn sich die dominante Person Rechte herausnimmt, die sie anderen nicht zugesteht. Andersherum willigen die Unterlegenen in dieses Machtverhältnis ein.

Internet Karrierebibel

Es gibt aber auch Menschen, die wir als dominant bezeichnen, bei denen wir die Machtverhältnisse nicht anerkennen.

Nehmen wir an, dein Hund ist an der Leine und bellt einen anderen Hund an – bezeichnen wir es mal als aggressives Bellen, ohne näher darauf einzugehen, was das bedeutet. Der andere Hund bellt auch.

Landläufig habe ich schon gehört, dass dein bellender Hund als dominant bezeichnet wird.

Gehen wir nun davon aus, dass dein Hund seine Selbstwirksamkeit stärkt, da er dem anderen Hund so richtig die Meinung gegeigt hat. Sein Verhalten hatte Erfolg.

Der andere Hund und auch du haben die Machtverhältnisse allerdings nicht anerkannt. Trotzdem könnte dein Hund immer noch als dominant bezeichnet werden gleichzeitig stärkt er seine Selbstwirksamkeit.

Dominanz kann also etwas mit Selbstwirksamkeit zu tun haben.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Jack Russel rennt

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Hunde, die ein Thema mit Aggression haben legen aggressives Verhalten ab, wenn ich ihre Selbstwirksamkeit stärke. Sie brauchen das „dominante“ Verhalten nicht mehr, um ihr Verhalten erfolgreich zu gestalten.

Aus meiner Sicht gilt es an dieser Stelle komplett umzudenken.

3. Aggression

Vorneweg – Aggression gehört zum Leben dazu. Und eine erschreckende Tatsache ist, dass Menschen zu den aggressivsten Lebewesen überhaupt gehören.

Zeigt ein Hund Aggression, so hat das immer einen Grund. Er möchte eine Ressource verteidigen, fühlt sich bedroht oder hat Angst.

In allen Fällen ist aggressives Verhalten zunächst nicht ungewöhnlich und in vielen Fällen gesund.

Wir bezeichnen ein Verhalten oft dann als aggressiv, wenn der Hund knurrt, bellt, schnappt oder beißt. Fühlt ein Hund sich jedoch bedroht, zeigt er davor schon Signale, die oft übergangen werden. Anspannen des Körpers, Fixieren, Lefzen anheben, einen Gegenstand zwischen seine Pfoten legen, sich in einen geschützten Raum zurück ziehen….

Ob sich aggressives Verhalten verstärkt hängt maßgeblich davon ab, wie wir darauf reagieren.

Aggression möchte niemand haben, deshalb soll dieses Verhalten so schnell wie möglich wieder verschwinden.

Oft werden Hunde deshalb in einer ebenfalls aggressiven Art und Weise angegangen. Das führt in eine Abwärts-Spirale. Der Hund steigert vermutlich seine Aggression und irgendwann wissen die Besitzer nicht mehr, wie sie damit umgehen können. Der Hund hat seine Selbstwirksamkeit enorm gesteigert – und seine Unsicherheit.

Sich professionelle Hilfe zu holen ist evtl. auch eine Hürde, da die Hoffnung gering ist.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Hund droht, zeigt die Zähne

Hier nochmal: Aggression gehört zu unserem Leben mit dazu. Es sollte kein Verhalten sein, das wir weg haben wollen, sondern es soll in die Bahnen gelenkt werden, die das entspannte Miteinander möglich machen. Ohne Aggression ist Leben natürlich auch schön.

Es ist jedoch nichts dabei, wenn dein Hund einem anderen kurz sagt, ich kann dich nicht leiden und dann einfach weiter geht. Und genau das kann man trainieren.

4. Kontrolle

Ein weiteres komplexes Thema das zur Selbstwirksamkeit deines Hundes beitragen kann, ist Kontrolle.

Hier eine Definition, die ich in Bezug auf das Hundetraining schon beinahe witzig finde:

Kontrolle ist die Überwachung oder Überprüfung eines Sachverhalts oder einer Person und somit ein Mittel zur Herrschaft oder Gewalt über jemanden oder etwas.

Wikipedia

Die Herrschaft des Hundes über den Menschen ;-).

Ist das soooo selten?

in der Praxis gibt es immer wieder Kunden, die sich nicht frei bewegen können, da der Hund ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Oder sie können nicht mehr weg gehen, weil der Hund nicht alleine bleiben kann. Oder sie gehen nur noch bestimmte Wege, damit sie weder Mensch noch Hund begegnen, der Hund begrüßt Besuch stürmisch, bevor sie „Hallo“ sagen können….

Hunde übernehmen immer dann die „Herrschaft“, wenn ihr Verhalten zum Erfolg führt. Sie also selbstwirksam sind.

Leider kommt es all zu oft vor, dass die Selbstwirksamkeit des Hundes gestärkt wird, ohne dass wir es wollen oder es uns bewusst wäre.

Vielleicht wird noch wahrgenommen, dass der Hund seinen Kopf auflegt und dann wird das unterbunden. Unter all den vielen Möglichkeiten ist jedoch das Kopf auflegen als Form von Kontrolle noch harmlos.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Hund schaut was kommt

Meine Hündin legt liebend gerne ihren Kopf auf mein Bein, meine Hand, meinen Arm… Und ja, es ist eine Form von Kontrolle – sie hätte sehr gerne die Weltherrschaft. Meistens lass ich sie einfach an der Stelle Kontrolle über mich haben. Da stört es mich nicht.

Wichtig ist: Ich weiß was ich tue und ich weiß, was es für sie bedeutet.

5. „Freies Formen“ simuliert Kontrolle für den Hund

Im Grunde erfährt dein Hund immer dann Selbstwirksamkeit, wenn du ihm zeigst, dass er etwas richtig gemacht hat.

„Freies Formen“ oder „Shaping“ nehmen dabei eine spezielle Rolle ein. Bei dieser Form des Lernens wird der Hund für Verhalten belohnt, das er von sich aus zeigt. Die Methode zeichnet sich dadurch aus, dass wir uns wünschen, dass der Hund Verhalten zeigt und wir es in eine bestimmte Richtung formen können. Mehr dazu findest du im Blogartikel „Tricktraining“.

Wenn der Hund Verhalten von sich aus zeigt, das von uns belohnt wird kann in ihm das Gefühl von Kontrolle über die Situation entstehen.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Labrador gibt Pfote

Das ist gut so, denn es gibt in der Regel wenig Situationen, in denen wir Kontrolle des Hundes wirklich zulassen.

Beim „Locken“ folgt der Hund der Hand oder dem Futter. Hier kann das Gefühl der Kontrolle nicht oder nur wenig entstehen.

6. Ressourcen, die verteidigt werden können.

Ressourcen sind Dinge, die der haben möchte. Das kann Futter sein aber auch Spielzeug oder etwas anderes, das der Hund „erbeutet“ hat.

Manchmal wird auch ein Mensch als Ressource gesehen, was es allerdings zu vermeiden gilt. Wenn das so ist, sollte dringend gegen gesteuert werden.

Ein Schutzraum – z.B. eine Box – kann auch eine Ressource sein.

Fängt ein Hund an Ressourcen zu verteidigen, weil er der Meinung ist, dass das sein alleiniges Eigentum ist, sollte auf jeden Fall professionelle Unterstützung hinzu gezogen werden.

Die Selbstwirksamkeit des Hundes an der Stelle steigt schnell an, da wir unsere Finger besser weg lassen sollten, wenn er droht. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum der Hund das tut. Ein gewaltfreies Training wird immer darauf abzielen, mit dem Hund zu trainieren, dass eine Verteidigung nicht nötig ist und er sich entspannen kann.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Welpe mit Stock

Futter und Spielsachen werden zunächst so eingesetzt, dass du auf keinen Fall in die Lage kommst, sie dem Hund wegnehmen zu wollen oder vielleicht müssen. Sobald der Hund positive Erfahrung macht, wenn er nicht in das Verteidigungsverhalten geht, wird er sich sehr schnell entspannen.

7. Resilienz

Beim Menschen spricht man von 7 Säulen der Resilienz. Diese sind:

  • Optimismus
  • Akzeptanz
  • Lösungsorientierung
  • Verlassen der Opferrolle
  • ein Erfolgsnetzwerk
  • positive Zukunftsplanung
  • Selbstreflexion

Beim Hund können wir diese Dinge Stärken. Vielleicht ist er nicht zur Selbstreflexion in der Lage, doch wir können ihn dazu bringen, dass er sein Verhalten „überdenkt“, indem wir ihm einen neuen oder anderen Weg anbieten als den, den er eben abgelehnt hat.

Wenn dein Hund Aufgaben richtig lösen kann, wird er optimistischer und vertraut mehr in seine Fähigkeiten.

Je mehr er lernt, desto schneller wird der erkennen, wo der Lösungsweg hin führt.

All das führt dazu, dass dein Hund besser und auch leichter mit – für ihn – schwierigen Situationen umgehen kann. Und das ist genau das, was wir wollen.

Bedürfnis Selbstwirksamkeit - Mann mit Hund in den Bergen

Wir wollen am Ende des Tages selbstbewusste Hunde, die eigene Entscheidungen treffen. Gut ist, dass sie uns dann zu mehr Klarheit im Training auffordern, zu mehr Präsenz und dass sie immer mal überprüfen, ob wir auch wirklich sicher sind.

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